Annelise Zwez: “Mit grossem Gewinn bin ich nach Oetwil am See gefahren, wo das Helen Dahm-Museum «Zwei Dahmen» zeigte, Helen Dahm und Klodin Erb im Dialog.”
Mit grossem Gewinn bin ich zum Beispiel kürzlich nach Oetwil am See im Zürcher Oberland gefahren, wo das Orts- respektive Helen Dahm-Museum «Zwei Dahmen» zeigte, Helen Dahm (1878-1968) und Klodin Erb(*1963) im Dialog. Es gibt keine direkte Verbindung; zwischen den beiden Frauen liegen 75 Jahre. Und doch! Klodin Erb spricht von Helen Dahm als einer Schwester im Geist. Das meint vielleicht: Wir lassen uns nichts vorschreiben, nicht im Leben, nicht in der Kunst. Klar zeigt sich das in der ersten Hälfte des 20. Jh. anders als im späten 20sten und bis heute. Aber Klodin Erb ist vor allem auch in der Inszenierung so auf «ihre Schwester» eingegangen, dass ein Ganzes entsteht, das berührt. Helen Dahm hat z.B. gerne die Fenster bemalt; also tat es ihr Erb nun nach mit zwei grossen Flügeln. Und sie fand bei sich im Archiv wunderbare Stoff-Plastik-Blumensträusse (1999) und gesellte sie zur (uralten) «Vase mit Papierblumen» von Dahm. Dies vor einem Selbstbildnis von Dahm und einem Spiegel mit einer Monotypie ihrer selbst (aus der Serie der «Avatar») an der Wand.
Am träfsten drückt sich die «Freundschaft» in einem kleinen Doppelporträt aus, das keiner weiteren Worte bedarf. Schön, dass das Museum das kleine Bild ankaufte. Und schliesslich kann man sogar so weit gehen, zu sagen, dass sich Erb vor allem von der im Alter etwas schrullig gewordenen Dahm inspirieren liess und das herrlich-fantastische Video «Johny Woodhead and The Nightmärlies» schuf, in dem sie selbst in der Hauptrolle mit Holzmaske auftritt.
Es kann vielleicht angemerkt werden, dass sich Klodin Erb immer wieder mit anderen Künstlern befasst hat, stilistisch, aber darin auch stets emotional. Ihre Reihe zu Rembrandt ist mir in ewiger Erinnerung! Das ist offenbar und wie Oetwil zeigt, eine besondere Gabe der Künstlerin.
Doch, um auf André Vladimir Heiz’ Bemerkung zurückzukommen: Ja, das Spannende in der Kunst findet nicht (oder sagen wir, etwas weniger absolut, «nicht nur»)in den grossen Museen statt, sondern da, wo unmittelbar aus etwas Gegebenem etwas Neues entsteht. Sei das in New York oder – eben – in Oetwil am See.
Annelise Zwez im Newsletter November 2022: https://annelisezwez.ch/