wiedemann/mettler – LOVERS MIX
3. September – 22. Oktober 2022
Der Titel der aktuellen Ausstellung LOVERS MIX des Künstlerpaars wiedemann/mettler deutet auf die konsequente Fortsetzung ihrer künstlerischen Arbeit hin. Vor zwei Jahren thematisierten sie in der Ausstellung Lovers’ Lane auf subtile Weise in Bilderpaaren eine Form ihrer Zusammenarbeit. In der nun erheblich vergrösserten Galerie mit insgesamt vier Räumen entfaltet das Künstlerduo alle Möglichkeiten ihrer künstlerischen Zusammenarbeit und verteilt diese über die gesamte Galerie. LOVERS MIX ist die sechste Einzellausstellung von wiedemann/mettler in der Galerie und markiert gleichzeitig das 20-jährige Jubiläum ihrer künstlerischen Zusammenarbeit.
Downhill
Die Ausstellung beginnt fulminant. Mit vorgefertigten modularen Elementen der Firma USM Haller haben wiedemann/mettler die Arbeit Downhill von 2008 im ersten Raum installiert: Ein abfallendes Gelände ist mit zehn vom Künstlerpaar gestalteten, rotleuchtenden Slalomstangen auf einer weissen handgestrickten Decke als Skipiste kenntlich gemacht. Es geht den Hang runter. Die Abfahrt schickt uns in das Universum von wiedemann/mettler. Downhill bietet verschiedene Lesarten: Die Verlagerung einer Skipiste in die Galerie darf als ironische Aussage zum Klimawandel betrachtet werden. Die Freizeitgesellschaft kümmert sich wenig um unseren von zahlreichen Krisen heimgesuchten Planeten. Ein schnelles Umdenken ist gefragt, bevor es zu spät ist.
Bodybuilding und Color Moving
Auf zwei leicht versetzt stehenden Tischen verteilen wiedemann/mettler 48 Keramik- Porzellanfiguren. Über Verkaufsplattformen im Internet und in Brockenhäusern erwarb das Künstlerpaar diese Nippes-Figurinen. Diese kitschigen Porzellanfiguren umgaben sie mit einer unterschiedlich farbigen glasierten Keramikform und liessen Porzellan und Keramik im Ofen miteinander verschmelzen. Die auffallende Keramikhülle bricht die Belanglosigkeit der Nippes-Figuren und stellt Fragen nach Autorschaft und Authentizität. Der Körper der Figuren verschwindet in einigen Arbeiten beinahe komplett unter der Keramikschicht und stellt den Körperkult, dem selbst diese Porzellanfiguren, zumindest die menschlichen, unterworfen sind, in Frage. An den Wänden hängen drei gepolsterte Samtarbeiten. Mit Lauge entfernten wiedemann/mettler Farbpartikel und erzielten dadurch verblüffende Farbabstufungen und -übergänge. Diese drei Bilder korrespondieren grossartig mit den farbigen Figuren und verleihen dem Raum eine fröhliche Grundstimmung.
There Does Not Exist
Nach den ersten zwei dicht besetzten Räumen wählt das Künstlerduo im dritten Raum für vier Fotografien im Hochformat eine sparsame Hängung. Die Bilder geben Innenräume wieder, die es in der Realität so nicht gibt, die aber trotzdem täuschend echt wirken, da sie in genauer Arbeit am Computer durch Mehrfachüberblendungen und -überlagerungen von verschiedenen Innenräumen entstanden sind. Die konstruierten Ansichten, deren Künstlichkeit nicht erkennbar ist, fügen sich auf kongeniale Weise in die Räumlichkeiten der Galerie und erweitern die architektonischen Gegebenheiten.
Transparency & Promises
Im vierten Raum ist ein kleinformatiger Lambdaprint in einem Leuchtrahmen drei Malereien auf gepolsterter roher Leine gegenübergestellt. Allen Arbeiten ist auf unterschiedliche Weise gemeinsam, dass sie das Unsichtbare sichtbar machen und sich erst in der Vorstellung der Betrachterin oder des Betrachters konkretisieren. Der Lambdaprint gibt in der Wiedergabe eines weissen Innenraums vieles zu erkennen, um aber doch rätselhaft und ambivalent zu bleiben. Ähnlich verhält es sich in den Malereien. Einerseits ist in der Darstellung rasch eine Kopfform mit Augenhöhlen zu erahnen, andererseits aber ist die reine Malerei vordergründig und die vermutete Darstellung tritt in den Hintergrund. Malereien und die Fotografie setzen einen inneren Zustand, eine mentale Sache ins Bild.
In ihren Arbeiten und Ausstellungen verstehen es wiedemann/mettler, auf einzigartige Art und Weise eigene Realitäten zu entwerfen. Immer wieder überrascht ihre Dramaturgie, die Wahl der Arbeiten und deren genaue Setzungen in den Räumen. Mit ihren Arbeiten hinterfragen wiedemann/mettler unsere vorgefassten Vorstellungen und Meinungen.