Klodin Erb, Katja Schenker - Wandlungsmeisterinnen

Die Malerin Klodin Erb figuriert seit einiger Zeit im Programm der Zürcher Galerie Lullin + Ferrari. Zu Gast ist dort aktuell auch die Performerin und Installationskünstlerin Katja Schenker. In ihren neu erweiterten Räumlichkeiten gelingt den Galeristen eine glückliche Paarung der beiden unterschiedlichen Positionen.

Zurich - Durch die zwei grossen linken Scheiben der Galerie Lullin + Ferrari leuch­ten munterbunte überdimensionale Bilder, gestisch, ausladend, selbstbewusst. Kio­din Erbs Acrylgemälde <Here Comes the Sun Between the Wings>, <Durchbruch> und <Erden Eier kommen selten alleine> zeigen sich als einladendes Triptychon, das den bösen Corona-Geistern gewitzte Gegenmächte entgegenschleudert. Ganz anderes sieht man hinter den zwei grossen Scheiben rechts bei Katja Schenker. Das Licht, bei Erb heiter reflektiert, wird hier von einem von der Decke mitten in den Raum gehängten Rechteck gnadenlos geschluckt. Hier wie dort triggern die Künstlerinnen die Neugier der Passantinnen und Passanten. Hier die ausgebreiteten Arme, dort der Sog des Numinosen, der dunklen Materie, die sich bei Schenker als rot pigmentierter Beton herausstellt, der in einem Rahmen auf dem Boden in ein Nylonnetz gegossen, getrocknet, darin in handtellergrosse Einzelteile zerbröselt wurde und, vorn dunkel glänzend, hinten stumpf den Eingangsraum behauptet.

Schenker spielt in <Haus>, 2021, gewitzt mit den Materialeigenschaften Beton, flüssig, fest, dem Gegensatz stabil, instabil und setzt dem im nächsten Raum mit der Videoperformance <Satka>, 2019, noch eins obendrauf. Auch hier hängt die Leinwand diagonal in den Raum. Die Projektion ist zweiseitig zu sehen, ein schwindelerregen­der Tanz der Künstlerin im Kreis, ein elegantes Gleiten wie auf Kufen, das ihr eine trapezförmige Vorrichtung in den Hand en ermöglicht. Doch das stellt sich als Illusion heraus. Nicht wir stehen im Zentrum der Bewegung, sondern die Künstlerin. Die trapezförmige Vorrichtung sind Schnüre, an denen eine Kamera befestigt wurde, die Schenker wirbelnd im Kreis drehte. Wahrend alles, die Performerin, die Wüstenlandschaft und mit ihnen die Betrachter in atemlose Bewegung geraten, bleibt der einzig ruhige Punkt im Bild der vom Auge der Kamera fixierte Knoten der Schnüre. Von dort ist es nur ein vermeintlich grosser Schritt zur lebensbejahenden Malerei Klodin Erbs in den Nachbarkabinetten. Denn auch sie spielt mit ihren sicher gesetzten Farbwir­beln mit der Vorstellungskraft ihres Publikums. Abstrakte Farbfelder wie in <Parade>, 2021, mutieren zu Monstern, dehnen sich zu Keimen, Ruten, Asten aus und verwach­sen in einen Blütenstaubhimmel. Und umgekehrt, das Figurative kippt ins Abstrakte, Unbestimmte, wie in ihrer Serie <Kräfte und Säfte>, 2021, in der sie wandlungsmachti­ge Alraunen auf Japanpapier paradieren lasst. Schenker und Erb, Wandlungsmeiste­rinnen, eine glückliche Paarung, die nicht versäumt werden darf.

Max Glauner

Kunstbulletin, 7-8/2021

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