Clare Goodwin – It’s All About
2. September – 21. Oktober 2023
Wir freuen uns sehr, die dritte Einzelausstellung von Clare Goodwin in der Galerie zu zeigen. In ihrer Schau mit dem Titel It’s All About präsentiert sie neue Arbeiten, die die besonderen Eigenheiten ihrer abstrakten, minimalen Kunst aufweisen: Höchste Präzision und grosse Leichtigkeit, Reduktion auf Linien, Formen und Mustern und eine ausgesuchte Farbpalette. Die Ausstellung beinhaltet kleine und große Leinwände im Hoch- und erstmals im Querformat und drei neue, extra für die Ausstellung konzipierte Assemblage-Skulpturen. Alle Arbeiten tragen charakteristische Merkmale, die sie als Träger von sozialen Narrativen kennzeichnen.
Clare Goodwin besitzt eine unnachahmliche Fähigkeit in ihren Werken, Stimmungen zu erzeugen, die sie treffend als „Constructive Nostalgia“ bezeichnet. Ihre Kunst lädt Betrachterinnen und Betrachter dazu ein, sich mit persönlichen und kollektiven Erinnerungen auseinanderzusetzen und über die Bildkultur nachzudenken, die unsere Erinnerung an die Vergangenheit prägt.
In der grossen Assemblage-Skulptur aus verschiedenen Kücheneinheiten mit dem Titel 50086 im zweiten Ausstellungsraum zeigt sich exemplarisch die künstlerische Fertigkeit von Clare Goodwin, durch die Zusammenstellung von bestehendem Material neue Bedeutungen zu kreieren. Die in der Raummitte platzierte Skulptur ist darauf angelegt, sie durch das Umschreiten zu erkunden. Dabei eröffnen sich Ansichten, die an kubistische Bildfindungen, wie zum Beispiel diejenigen von Pablo Picasso oder Georges Braque denken lassen. Insbesondere die Schranktüren durch ihre unterschiedlich ausgerichteten Griffe und frontal positionierte Tischplatten evozieren Perspektivwechsel. In der Assemblage-Skulptur bewahrt sich auch die Geschichte der Kücheneinrichtungen. Die Skulptur beinhaltet narrative, nostalgische Ebenen. Die in die Arbeit integrierte Küchenbank lädt dazu ein, sich zu setzen und die beiden Bilder It’s All About (Stripe 1 und 2) eingehender zu betrachten. Die Bilder erlauben Assoziationen an Krawattenmuster aus früheren Zeiten und sind in dieser Betrachtungsweise männlich konnotiert. Die Kücheneinrichtung hingegen ist weiblich konnotiert, da sie vermutlich im klassischen Rollenverständnis, dem Tätigkeitsbereich der Frau im Haushalt vorbehalten war.
Im dritten Ausstellungsraum befindet sich eine zweite Assemblage-Skulptur, die durch ihre Form und Bodennähe an eine Schlange denken lässt und passend Serpent heisst. Erneut, und dies ist ein Grundprinzip der künstlerischen Arbeit von Clare Goodwin, führte das Material zur Formgebung. Die Bilder im Raum scheinen Formen der Assemblage-Skulptur aufzunehmen und die Skulptur wiederum Elemente der Bilder. Dieses Wechselspiel der Formen zwischen ihren Bildern und Assemblage-Skulpturen und Keramiken ist eine stilistische Eigenheit in der Entwicklung von Clare Goodwins Arbeit. Auffallend an den neuen Bildern ist die ausgeprägte Sichtbarkeit der transparent grundierten Rohleinwand. Clare Goodwin wählte bewusst diese Leinwand, die die Grundierung, im Gegensatz zu einer weissen Leinwand, nicht zu stark hervortreten lässt, sondern es erlaubt, die Leinwandfarbe als Gestaltungsmittel bewusst einzusetzen. Diese Flächen lassen an Fensterdurchblicke denken und spannen den Bogen zu den Assemblage-Skulpturen, die ebenfalls Durchblicke aufweisen. Die skulpturale Qualität der Bilder wird besonders in den querformatigen Bildern sichtbar. Eine Gruppe von kleinformatigen Leinwänden verdeutlicht ihre Meisterschaft in der Komposition von abstrakten und minimalistischen Bildern.
Im vierten Ausstellungsraum begegnet man einer dritten Assemblage-Skulptur, die nun aber im Gegensatz zur Arbeit im zweiten Raum eine klare Schauseite zur Strasse aufweist und somit eine grössere formale Verwandtschaft zu den Bildern von Clare Goodwin besitzt. Auffallend bei dieser Assemblage-Skulptur ist die mittige Durchsicht, die stark an eine Fensterlaibung erinnert. In den beiden Bildern setzt Clare Goodwin unter anderem mit Türkis, Violett, Dunkelgrün und Beige farbige Akzente in den Raum.
Von grosser Bedeutung für die Rezeption von Clare Goodwin’s Kunst ist die Form ihrer Präsentation. Im Zuge der Weiterentwicklung ihrer Ausstellungspraxis hat sie sich das Konzept der Umgebung zu eigen gemacht und hebt ihre Ausstellungen über die blosse Präsentation einzelner Kunstwerke hinaus. Dadurch schafft sie eindringliche Erlebnisse, die auf dem
Zusammenspiel zwischen ihren Werken, dem sie umgebenden Raum und den Betrachtenden basieren. Clare Goodwin hat eine sehr persönliche visuelle Sprache entwickelt, die geschickt Nostalgie, kritisches soziales Bewusstsein und formale Abstraktion verbindet. Ihre Kunst bewirkt, dass wir uns direkt auf unser Sehen einlassen und lernen, unsere Umgebung genauer zu betrachten.